Rennstrecken Großprojekt aus den 30ern

  • In den 30er Jahren gab es in Deutschland ein Rennstrecken- Großprojekt, welches heute fast in Vergessenheit geraten ist. Es war der Deutschlandring, im damalig verbreiteten Größenwahn auch "Großdeutschlandring" genannt. Von 1933- 1939 wurde die gesamte Fahrbahn fertiggestellt inclusive Überbrückung eines Dorfes durch eine 50m lange Brücke.


    Die Standortwahl fiel auf Sachsen, im damaligen Reich zentral gelegen und von Berlin aus gut erreichbar. Die Strecke, welche heute noch als Straßenkurs nahezu vollständig erhalten ist, befindet sich nahe der Kleinstadt Hohnstein, östlich von Dresden, in der sächsischen Schweiz (nicht zu verwechseln mit Hohenstein- Ernstthal).



    Schon in den 20er Jahren war die "Wartenbergstrasse" (die Serpentinen im Süden) gebaut worden, dort gab es insgesamt 5 Bergrennen unter Beteiligung einiger damaliger Größen aus dem Automobilsektor. Danach begann man, den Rundkurs zu bauen. Erst einmal musste ein großes Felsriff abgetragen werden, daraus gewann man das Schottermaterial für den gesamten Unterbau. Die Strecke wurde durchgehend in 12m Breite errichtet, in den Kurven sogar bis 24m. Start- Ziel war westlich am Abzweig nach Zeschnig. Das dieser Ort, der im Innenbereich liegt, erreichbar war, sollte später die Strecke dort untertunnelt werden, außerdem sollten nach dem ersten Automobil- Rennen, welches für 1940 geplant war, Boxenanlagen und eine Tribüne sowie Hallenbauten für die Industrie entstehen. Man dachte an bis zu 1 Mio. Zuschauer (vielleicht etwas optimistisch) und wollte Parkflächen für 350000 KFZ schaffen.


    Start - Ziel lag auf einer Meereshöhe von ca. 380m. Die Strecke führte dort knapp 2km geradeaus. In einer großzügigen Rechts- Links in der die Brücke lag, erreichte man einen gigantischen Rechtsbogen (fast 1km lang) der so in die Landschaft gezogen wurde, das die Streckenlänge genau 10km betrug. Nach Heeselicht im Nordosten ging es in mehreren schnellen Kurven über 180 Höhenmeter hinab ins Polenztal. Danach in 3 Serpentinen und weiteren Kurven wieder steil hinauf, an der Hocksteinschänke vorbei in Richtung Start- Ziel.


    Am 26.04.1939 wurde der fast fertige Straßenkurs eingeweiht. Danach begann der 2. Weltkrieg, so fiel jeglicher Rennsport flach. Nach dem Krieg passierte auch erst mal nichts, erst 1951 gab es ein Rennen oder Bergrennen, wobei 2 Fahrer ums Leben gekommen sein sollen. Danach gab es kein Rennen mehr. Die Bemühungen von Walter Kaaden, dem Rennleiter von MZ, den Kurs für Testzwecke zu reaktivieren, scheiterten.


    In den 90er Jahren spielten einige "Sportfreunde" dort an Wochenenden verrückt, es gab reihenweise Unfälle. Der Kurs wurde als einziger in Sachsen dank dieser Blödmänner am WE für Motorräder gesperrt. Die Fahrbahn besteht heute in einer Breite einer normalen Landstrasse, im Polenztal sieht man noch an einigen Stellen die Gesamtbreite von früher.

  • Geile Piste :daumenhoch

    Erinnert mich spontan an die alte Spa-Strecke wo man in einem Lotus49 im Drift durch 250kmh Kurven und zwischen Häusern durchfährt :cheers:

    Schieber- , Getriebe- , Motorgehäuse- und Kurbelwellenkiller

  • Moin, diese Strecke bin ich letztes Jahr gefahren ohne zu wissen dass es mal eine Rennstrecke war. Landschaftlich auch sehr schön und auf Burg Hohnstein kann man gut übernachten! Gruss MArtin

    Mitglied im Vorstand, Registrar und GT 550 und 750 Typreferent im Suzuki Wasserbüffelclub

  • Es gibt ein Buch "Lost Tracks", in dem ist diese Strecke auch beschrieben.

    Gruß,

    Georg


    Fahrt so schnell ihr könnt, so lange ihr noch könnt!

    (Uli Peil im XJ-Forum)

  • Bin letzte Woche mal dort gewesen. Wenn man sich vorstellt, das die damaligen Rennwagen bereits weit über 500PS hatten (Auto Union mit 16Zylinder V- Motor, Mercedes mit 8Zylinder Reihe) und 330kmh liefen, wird es einem schwindelig bei dem Gedanken. Die Abfahrt runter ins Polenztal mit lauter schnellen Kurven über 2,5km ist schon ein Hammer. Die Fahrer hatten ja noch nicht mal Helme und keine Sicherheitsgurte. Auslaufzonen, Kiesbetten Fehlanzeige, kannte man noch nicht.


    Die Strecke hatte alles: Serpentinen, schnelle Mutkurven, eine lange Gerade, eine freie Hochebene und ein tief eingeschnittenes Flusstal im Wald. Ca 190m Höhenunterschied, Einstellung eines Hochleistungs 2Takter wäre "interessant" gewesen.

  • Spannende Sache, danke dafür! Ich glaube die Raketen der Auto Union waren maximal 12 Zylinder zu der Zeit. Ich gebe aber zu, dass ich mich hier auf sehr dünnem Eis bewege mit meinem Wissen. Nach dem Krieg sind die dann überwiegend in die Sowjetunion gegangen. Ein paar ganz wenige haben aber wieder den Weg zurück gefunden. Faszinierende Technik und Vergangenheit.

  • Spannende Sache, danke dafür! Ich glaube die Raketen der Auto Union waren maximal 12 Zylinder zu der Zeit. Ich gebe aber zu, dass ich mich hier auf sehr dünnem Eis bewege mit meinem Wissen. Nach dem Krieg sind die dann überwiegend in die Sowjetunion gegangen. Ein paar ganz wenige haben aber wieder den Weg zurück gefunden. Faszinierende Technik und Vergangenheit.


    Ja scheinbar zu dünn. 1936: 16Zylinder 6l 520ps Typ C. Ob diese Wagen dann dort fuhren weiß ich allerdings nicht. Hab durch den Post das erste Mal von der Strecke gehört 🙈

  • Hier der Soundcheck zum 16 Zylinder:


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  • Ganz genau weiß ich es auch nicht, aber bis 1937 (oder-38) galt die Formel: 750kg, höchstens! Ursprünglich waren alle deutschen Autos weiß und weil bei einer techn. Abnahme ein Mercedes 751 wog, ließ der damalige Rennleiter Neubauer den Lack kurzerhand abschleifen... Danach fuhren alle mit blanker Alukarosse. Ansonsten war das Reglement ziemlich frei, so kamen diese irren Motorkonzepte dabei heraus.


    Um den Wahnsinn etwas zu kultivieren, hat man dann ein Hubraumlimit eingeführt: 3l aufgeladen, 4,5l Saugmotor. Danach baute die Autounion 12- Zylinder mit 2 Kompressoren.


    Da die Autos im Horch- Werk in Zwickau gebaut wurden, standen sie bei Kriegsende eben noch dort, bis die Russen die Stadt besetzten. Fast alles wurde abtransportiert, nur einer stand vorher schon im deutschen Museum in München. Ein Amerikaner hat später 2 Zwölfzylinder in der Sowjetunion aufgestöbert und legal ausgeführt, bestimmt für einen Einkaufsbeutel mit Dollarscheinen. Einen davon besitzt jetzt Audi. Später hat man noch in Riga ein Wrack entdeckt und nach Deutschland verfrachtet und bei Audi restauriert. Es hat meines Wissens noch ein Motor 16-Zyl im Keller der TU Dresden die Zeiten überdauert, um den herum wurde das restliche Auto quasi neu aufgebaut von Senioren, Oldtimer- Fachleuten und Studenten der westsächsischen Ingenieurhochschule. Der steht im Horch- Museum in Zwickau.


    Gefahren auf dem Deutschlandring wurde mit alldem nie, wie ich im Eingangsbeitrag schon schrieb, fiel das geplante Autorennen 1940 ins Wasser, weil der 2. Weltkrieg ausgebrochen war, alles weitere steht auch dort.