Nun kommts zum vorletzten Akt des Dramas.
Das 125er Tandem- Projekt war nach dem Ausfall 1971 bei der TT und dem Tod Bartuschs nicht mehr weiter verfolgt worden, damit ging die werksseitige Beteiligung in dieser Klasse zu Ende. Alle danach noch eingefahrenen Punkteränge von MZ- Fahrern waren private Einsätze. Für einen ebenfalls fertiggestellten 250er Motor in Tandem- Bauweise wurden ebenfalls keine weiteren Mittel mehr genehmigt. Das war schade, denn der Twin mit den seitlichen Vergasern baute viel zu breit und die unten weit ausladende Verkleidung setzte gelegentlich auf abgesehen von der großen Stirnfläche.
Es zeigte sich nun die Wirkung der Sportpolitik in der DDR. In allen 16 Bezirken gab es nun eine Kinder und Jugendsportschule, dazu sogenannte Trainingszentren in Sportgemeinschaften. Hier wurden 50000 Kinder und Jugendliche an den Leistungssport herangeführt. Es waren dazu 500 neue hauptamtliche Trainer eingestellt worden. Daraus sollten die besten 10000 Sportler in die geförderten Sportclubs aufsteigen und schlussendlich 2000 davon für die Teilnahme an EM, WM und OS ausgewählt werden, um auf der großen Bühne für Furore zu sorgen. Beispiel: Nur allein die Rennschlittenbahn kostete 1971 35 Millionen. Und zig weitere große Sportbauten wie Hallen, Schwimmbäder Sprungschanzen...
Auch die Frage eines DDR- Fahrers war ungelöst. Zwar gab es mit Bernd Tüngethal einen, der bei den MZ- Einsätzen im Ostblock immer vorn war (auch unter namhafter internationaler Beteiligung), aber der hatte im jugendlichen Alter mal versucht, die DDR zu verlassen und durfte nur mal am Sachsenring und in Brünn WM- Luft schnuppern. Davon frustriert verließ er 2 Jahre später die DDR per Ausreiseantrag.
Grassetti war also 1972 weitgehend Einzelkämpfer in der WM, wenigstens einen neuen Rahmen hatte man gebaut. Mit der sonst unveränderten 250er konnte er nochmal einen 2. Platz und drei weitere Punkteränge erreichen, in der 350er nur noch drei Punkteränge. Die 350er hatte immer noch lediglich 300ccm. Schließlich sagte er zu Saisonende adieu zu MZ.
Es war jetzt (1973) schwierig geworden, für MZ einen internationalen Spitzenfahrer zu finden, es ging weiter mit den Maschinen wie im Vorjahr aber Kaaden und Bergauer arbeiteten an einem zumindest verbesserten Motor, der nunmehr 3. Generation des Twin, wobei die größere Variante erstmals volle 350ccm hatte. Als Fahrer engagierte man die Schweizer Pfirter und Mühlebach, die beide nicht mit den Maschinen zurechtkamen. Pfirter stieg gleich wieder auf die 350er Yamaha um und die ganze Saison drohte zu einer totalen Blamage zu werden. In Hockenheim entschloss sich Grassetti doch noch mal zu Starts bei MZ, mit der er Erfahrung hatte und wesentlich schneller als die Schweizer war. Pfirter verschwand darauf ganz bei MZ. Mit einem 6. Platz in Hockenheim, 2. In Opatija, 7. In Assen in der 250er sowie einem 9. Platz in Opatija bei den 350ern ließ Grassetti nochmals aufhorchen.
Nach dieser Saison stand erstmals die Schließung der Rennabteilung zur Diskussion, denn diese Ergebnisse erzielten keinen Werbeeffekt mehr. Man konnte aber mit dem Ungarn Janos Drapal einen 4 fachen GP- Sieger gewinnen, mit dem bessere Erfolge möglich schienen. Weiter war sich Kaaden mit Frank Wendler aus Hohnstein- Ernstthal einig, welcher sich nach Weggang Tüngethals nach vorn gearbeitet hatte. Aber Drapal sagte ab, sein Vater, hoher Beamter im ungarischen Verteidigungsministerium, organisierte 2 neue wassergekühlte Produktions- Yamaha, mit denen sich Drapal bessere Erfolgschancen erhoffte. Auch mit Wendler wurde es nichts, seine Frau war Französin und die misstrauischen Behörden fürchteten schon wieder, das Wendler womöglich auch abhaut wie schon Degner vor Jahren. MZ gab ihm nochmal eine Werksmaschine für das Sachsenring- Rennen (nun ohne WM- Status), das er gewann. Aber auch das half nichts.
Nochmals half Grassetti in Imola aus, er fuhr nur die 250er, auf Platz 9 liegend brach ein Hubzapfen der MZ und fiel dadurch kurz vor dem Ziel aus. Das war auch nun wirklich sein letzter MZ- Start, bei einem Rennen danach kollidierte er schwer vor den Boxen mit einem anderen Fahrer und gab den Rennsport nach seiner Genesung auf. Durch einen MZ- Händler kam es dann zu Kontakten zu Boet van Dulmen, welcher bereit war, ab Imatra für MZ zu starten. Aber auch er kam nie in die Nähe von Punkterängen, so erzielte Jürgen Lenk mit seiner privaten 125er (Einzylinder) in Brünn die einzigen 5 WM Punkte für MZ im ganzen Jahr. Van Dulmen äußerte dem Team gegenüber Kritik an der Wirkung der MZ Trommelbremse und so entschloss man sich, den ersten Herstellern folgend, vorn eine hydraulisch betätigte Scheibenbremse zu versuchen. Die Teile einschließlich eines Leichtmetall- Gußrades besorgte kurzfristig Dieter Braun und van Dulmen war voll zufrieden.
Das man die Rennabteilung weiter gewähren ließ, lag an einer Anfrage sowjetischer Behörden. Denn dort, im sozialistischsten aller sozialistischen Staaten fuhren mittlerweile Fahrer auf Yamaha die Landesmeisterschaften ein. Man wollte dem mit Fahrern auf MZ begegnen und da konnte keine DDR- Behörde ablehnend auftreten.