Auspuffklappe - Erfahrungen?

  • Erfahrungen nicht, aber der Sinn ist klar. Das Prinzip Trompete beschreibt ja Prof. Blair, aber eher für den Diffusor.


    Um das zu verstehen, muss man überlegen, wie Sog und Druck entstehen, nämlich durch Querschnittsänderungen. Die Fläche eines Kreises wächst bekanntlich mit dem Quadrat des Radius. Wenn ich einen konstanten Konus habe, entsteht die intensivste Sog- oder Druckwelle, je nachdem ob Diffusor oder Gegenkonus, immer an der engsten Stelle. Das liegt daran, dass sich in dem engsten Bereich des Konus der Querschnitt stärker ändert.


    Bei gleichem Winkel wächst oder schrumpft der Radius konstant mit der Strecke, die relative ÄNDERUNG zum Radius zb. einen Zentimeter davor wird aber immer kleiner. Die Zunahme der Druckwelle bei einem Gegenkonus ist daher nicht linear, sondern eine Parabel:


    pasted-from-clipboard.png


    Schon Boensch und Jennings wussten aus Versuchen, dass der maßgebende Punkt für die Berechnung der Reflexionslänge im hinteren Bereich des Konus liegt, etwa da wo im Bild der Strich bei "EC" liegt. Eben genau aus dem Grund, weil im dickeren Teil die Reflektion schwach ist.


    Baut man den dickeren Teil steiler, entsteht auch dort einen stärkere Reflektion und der Auspuff passt zu einem breiteren Drehzahlband:


    pasted-from-clipboard.png


    Vermutlich kostet das aber Spitzenleistung.

  • Hallo Martin,


    das habe ich auch so nicht gemeint. Die größere Hitze entsteht jedoch durch den größeren Gegendruck.

    Aber die Aufladung basiert ja nicht auf dem Rückstau, sondern bekanntlich auf der zurück laufenden Sogwelle vom Diffusor, die Frisch-Gas in den Krümmer saugt und der Reflexionswelle vom Gegenkonus, die es wieder zurück in den Zylinder schiebt.


    Und diese Reflexionswelle wird nun mal durch die Querschnittsänderungen an den konischen Teilen hervorgerufen, das kann man bei Blair sehr schön nachlesen, ist nicht nur auf meinem Mist gewachsen :winking_face: Siehe meine Antwort zu der Frage von Spargel19.


    Insofern hast DU recht: Ein größerer Rückstau hat rechnerisch natürlich noch weitere Einflüsse: Die Sog- und Druckwellen laufen ja nicht in einem ruhenden Gas hin und her, sondern eben in einer Strömung. Die Wellen schwimmen gegen den Strom! Ist die Strömung langsamer durch ein engeres Endrohr, kommen sie auch schneller am Auslass an. Insofern beeinflusst der Endrohrdurchmesser noch mehr als nur die Temperatur. Das ist vermutlich der Effekt, an den DU denkst.


    Ich habe auch nicht gemeint, dass man durch einen anders geformten Gegenkonus den Rückstau kompensieren kann, im Gegenteil habe ich geschrieben, dass man Strömung und Schwingungen gedanklich in zwei Effekte trennen muss, die sich allerdings, wie oben geschrieben, beeinflussen.


    Es gibt sogar noch einen dritten Effekt: Gehe ich von einem maximalen Durchmesser der Birne aus, wird der Gegenkonus mit dickerem Endrohr flacher und damit auch die Intensität der Reflexion. Aber das sind ja in der Regel nur wenige Millimeter....Ich schätze mal, das macht weniger aus, als die Temperatur-Änderung.


    Auch aus den Äußerungen von F.Overmars geht ja hervor, dass ein enges Endrohr für die Aufladung besser ist, aber wegen der thermischen Gesundheit nicht übertrieben werden darf.


    Die Zusammenhänge sind wirklich komplex. Abschließend: Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass eine Änderung des Endrohrdurchmessers unter anderem die Abgas-Temperatur beeinflusst. Dass die Abgas-Temperatur wegen der davon abhängigen Schallgeschwindigkeit der wichtigste Aspekt bei Bemessung der Auspuff-Längen ist, ist ja sicherlich nicht strittig. :-)


    LG Frank

  • Baut man den dickeren Teil steiler, entsteht auch dort einen stärkere Reflektion und der Auspuff passt zu einem breiteren Drehzahlband:


    pasted-from-clipboard.png


    Vermutlich kostet das aber Spitzenleistung.

    Interessant!

    Aber müsste das (theoretisch) nicht sogar mehr Spitzenleistung bringen?

    In der zweiten Skizze wird doch durch den Bereich TC nochmal eine stärkere Reflektionsfläche für hohe Frequenzen/Drehzahlen geschaffen. Könnte aber sein, dass trifft dann nur zu wenn beide Konusvarianten (Skizze1 u. 2) in ihrer Gesamtlänge gleichlang sind.

  • Du hast recht, Variante zwei macht nur Sinn, wenn man den Auspuff insgesamt verlängert. Die Reflektion zwischen den Strichen bei TC und EC, da wo der Durchmesser =45 mm ist, passt dann zur Maximaldrehzahl und das zweite Maximum am Ende dann irgend wo im mittleren Drehzahlbereich.


    Ich vermutete aus dem Bauch heraus, dass die Spitzenleistung sinkt, weil die Reflektion bei Durchmesser =45 mm aus den heute früh erläuterten Gründen schwächer ist als am Ende des Konus. Die Zahlen an der Kurve (-15 bzw -24 bei Variante 1) sind nur relative Werte, zeigen grob aber die Intensität der Druckwelle.


    Grundsätzlich ist es ja immer so, dass man in der Technik einen Vorteil (breiteres Leistungsband) fast immer mit einem Nachteil an anderer Stelle erkauft. (weniger Spitzenleistung)


    An meiner Kawa hatte ich früher einen Auspuff, der sah so aus, habe ich auch schon bei Crossern gesehen und ähnlich arbeitet:



    Hab ihn dann versuchsweise, weil ich damals den Sinn nicht verstanden hatte, so geändert und siehe da, der Motor war im mittleren Bereich "tot".



    Aber ich denke, von diesen Experimenten ist man später weg, weil die Justierung über die Temperatur mit der Zündverspätung und Auslasssteuerung ist letztlich erfolgreicher.

  • Coole Sache, das mal paar Erfahrungen geteilt werden :thumbs_up_medium_light_skin_tone:

    Ich hoffe doch es beteiligen sich noch ein paar mehr, verspottet wir hier keiner, es wird nur diskutiert.


    Grundsätzlich ist es ja immer so, dass man in der Technik einen Vorteil (breiteres Leistungsband) fast immer mit einem Nachteil an anderer Stelle erkauft. (weniger Spitzenleistung)


    Jepp, so ist es.

    Tuning ist halt immer die Kunst der Kompromisse. (Sorry, für alle Skeptiker)

    Und DER Kompromiss an sich, ist eben die Handschrift des Konstrukteurs/Tuners/Tüfftlers.

    Meiner Meinung gibt's da nicht soviel richtig und falsch, eher unterschiedliche Zielstellungen und leidenschaftliche Kreativität.


    Aber ich denke, von diesen Experimenten ist man später weg, weil die Justierung über die Temperatur mit der Zündverspätung und Auslasssteuerung ist letztlich erfolgreicher.

    Wird so sein.

    Aber die ganzen Hack's haben dennoch ihren Wert, vor allem für Tuner.

    Wer in die Vollen gehen will, macht ne straffe Auslegung (je nach Ziel) und kompensiert die Nebenwirkungen mit einem Arsenal an Ausgleichsmaßnahmen. Letzteres ist dann oft die hohe Kunst.

  • Theorien, Software und Berechnungen gibts es mittlerweile recht viele, was zum Erkenntnisgewinn sicherlich gut ist. Was mir persönlich fehlt, ist dass z.B. mal jemand einen variabel verstellbaren Auspuff baut und dann auf dem Prüfstand durchtestet. Vor 30 Jahren hat mein Vater für den Verbrenner am Modelflugzeug einen nur in der Länge verstellbaren Auspuff gebaut, den man während des Motorlaufs verstellen konnte. Dann noch eine Zugwaage ans Flugzeug montiert und fertig war der Prüfstand. Innerhalb von 60min hatten wir (trotz damals durchwegs profunder Unkenntnis vom Zweitaktprinzip) einen beeindruckenden Erkenntnisgewinn hinsichtlich der geeigneten Maße für den zu bauenden Auspuff. Seit jeher ist mir nicht klar, warum beim Auspuffbau nicht oder so ähnlich vorgegangen wird. Hier macht es durchaus Sinn, wenn die Theorie der Praxis folgt. Aber irgendwie bauen viele lieber einen fertigen Auspuff in stundenlanger Arbeit auf der Grundlage überwiegend theoretischer Erkenntnisse. Hätte ich die Möglichkeiten dazu, würde ich ganz klar wie seiner Zeit beim Modellflugzeug vorgehen. Also erst einen variablen Auspuff bauen, denn fürs jeweilige Fahrzeug auf dem Prüfstand abrollen und dann die halbwegs finale Tröte bauen.

  • Stimmt! Gerade beim 2T-Auspuff gilt: probieren geht vor Studieren. Aber es hilft bei der Beurteilung der Messwerte sehr, wenn man die Theorie versteht.

    Aber ganz wichtig ist es, beim Prüfstand auf eine Sache zu achten, die mich vor ein paar Jahren ausgebremst hat, eine komplexe-Simulations-Software fertig zu entwickeln. Wenn man die Lehrsätze der Thermodynamik auf den Auspuff anwendet, wird klar, dass man zu sauberen Ergebnissen nur kommt, wenn man den Temperaturverlust durch die Auspuff-Wandung berücksichtigt. Dieser Temperaturverlust ist aber neben Material und Dicke des Rohres insbesondere davon abhängig, mit welcher Geschwindigkeit und Luftmenge der Auspuff umströmt ist.


    Um das korrekt zu berechnen, müsste man ein vollständiges 3D-Modell des Motorrades mit Auspuff in einem virtuellen Windkanal simulieren. Da hatte ich dann doch keine Lust zu ;-D


    Bestätigt wurde das Ganze durch einen Bericht von einem holländischen Schrauber im Netz, der am Prüfstand eine tolle Leistung erzielt hatte, die Maschine im Rennen aber versagte. Es hat dann erkannt, dass es nicht genügt, am Prüfstand den Motor mit einer Windmaschine zu kühlen, sondern auch den Auspuff möglichst realistisch anzublasen und zu kühlen wie auf der Strecke.


    Noch ein anderer Aspekt zu der Verschieberei der Länge: Ganz früher wurde immer nur auf die Gesamtlänge (Resonanzlänge) geschaut und daher kommt die Idee, die Krümmerlänge durch Verschieben zu ändern.


    Übersehen dabei wird oft, dass die Form und Lage des Diffusors auch sehr wichtig ist. Wenn die Sogwelle zur falschen Zeit kommt, nützt die beste Reflektion nichts. Daher mein Einwand oben: Statt zu verschieben müsste der ganze Auspuff schrumpfen oder wachsen.


    Ein guter Sog sollte dann am Auslass anliegen, wenn die Überstömer weit geöffnet sind (also um UT) und der Sog sich bis in das Kurbelhaus auswirken und Frischgas ansaugen kann. Kommt der Sog zu früh, verpufft er gegen den Überdruck aus der Verbrennung, kommt er zu spät, kann er nicht mehr viel ausrichten.


    Wenn es also wirklich gut werden soll, müsste man nicht nur die Krümmerlänge, sondern auch die Länge des zylindrischen Teils ändern können. Also erst durch Schieben auf dem Krümmer die richtige Gesamtlänge herausfinden und dann durch Verschieben des Diffusors bei Einhaltung der Gesamtlänge dessen Lage optimieren.

  • Um mal etwas Struktur in das bisher Geschriebene rein zu bringen, sollte zuerst das Ziel klar sein. Ne analytische Vorgehensweise ist nicht verkehrt, das wird doch sonst schnell zuviel Wust und der Faden geht verloren..., schade um die Mühe.

    Anhand der 3 Grundfragen lässt sich schnell ein Fahrplan skizzieren.


    1. Um welchen Gegenstand geht es und wie soll er später einmal sein?
    2. Wie komme ich zielgerichtet vom IST zum SEIN?
    3. Welche Möglichkeiten stehen mir dafür zur Verfügung?


    Entsprechend stellt sich zuerst die Frage:

    Soll hier ein Fahrzeug optimiert werden oder Grundlagenforschung betrieben werden?

    Ich denke mal hier im Forum bestimmt eher Grund 1.


    Zur Fahrzeugoptimierung wird man sicher schneller an's Ziel kommen, mit vorhanden Basiswissen und paar Test's.

    In diesem Fall könnte man die Sache abkürzen indem man sich z.B. einen Experimentierauspuff baut (Set aus verschraubbaren Einzelkomponenten). Mit dem Puzzle arbeitet man sich dann voran. Ist eine gute Kombination gefunden, wird eine fertige Anlage gebaut.

    Hier ist der Feldversuch oft näher am gewünschten Ziel als der Labor-Prüfstand (Moped wird später gefahren und nicht auf der Rolle betrieben), Ausnahme wäre halt der Wettbewerb am Prüfstand.

    Bei der Fahrzeugoptimierung sollte sich immer die Frage gestellt werden, wie GENAU muss es denn sein. Wer sich die Frage nicht stellt, wird nie fertig und verfehlt sein Ziel.


    Bei der Grundlagenforschung wird man sicher um eine Computersimulaltion nicht herumkommen, sodass auch alle Umweltfaktoren, Materialkonstanten, Gaszusammensetzung etc. mit einbezogen werden. Sicher interessant, aber für uns weniger von Nutzen.


    Wenn die Sogwelle zur falschen Zeit kommt, nützt die beste Reflektion nichts. Daher mein Einwand oben: Statt zu verschieben müsste der ganze Auspuff schrumpfen oder wachsen.

    Die Sache musst dir mir nochmal erklären, verstehe es nicht richtig.

    Wie kann ein Parameter davon richtig und der Andere falsch sein, vor allem der sekundäre Vorgang richtig sein?

    Wie kann das überhaupt festgestellt werden?

    Die Vorgänge sind doch direkt mit einander verknüpft, wie die Druck- und Zugkraft einer Feder.

  • Sind verknüpft, müssen aber getrennt von einander betrachtet werden, sonst blickt man gar nix mehr.

    Der Anfang des Diffusors (Ende Krümmer) bestimmt, wann die Unterdruckwelle zurückkommt. Nach Wobbly sollte dies bei 32% der Abstimmlänge sein.


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  • Coole Animation!

    Die Frage kann ich mir dennoch nicht so recht erklären, deshalb nochmal etwas ausführlicher gefragt.


    maeckes meinte ja, die Sogwelle könnte zur Unzeit kommen, aber hier verstehe ich nicht so recht wie das funktionieren soll.

    Der Schwingungsablauf besitzt doch eine geordnete Abfolge und beginnt im Moment der Auslassöffnung.

    Das ausströmende Abgas erzeugt mittels Diffusor einer Unterdruck zur raschen Brennraumentlerung.

    Kann der Sog wirklich schon da sein, bevor der Auslass geöffnet wird oder gar verschlossen wird?

    Mit dem Sog startet doch die Welle, folglich müsste das Sog-timing doch fix sein, oder?

    Eventuell übersehe ich auch was..., bin dankbar jede Aufklärung. :flushed_face: