Beiträge von wolf250

    Und ich denke, außer der Verdoppelung des Verkaufspreises gegenüber der 125er hat sich für den Interessenten kein Vorteil ergeben. Natürlich würde die heute vielleicht auch was mehr kosten, aber keine 11000+ öhre

    Keith hatte in der Nähe des Fahrerlagers von Douglas den Pfarrer einer Kirche beredet, das Team hier campieren zu lassen. Man war nun am Sehnsuchtsort angekommen. Am nächsten Morgen stand die erste Hürde bevor: Die Papier und Fahrzeugabnahme. Alle hatten Bammel, man wusste nicht wie die ticken dort und mit Machtdemonstrationen arroganter Kommissäre hatte man schon oft zu tun gehabt. Schön, das man schon am Eingang des Fahrerlagers angesprochen wurde: "Sind das die Simsons?" Man hatte im Rennprogramm 1 Seite unter der Überschrift "Meet the Simson" gestaltet. Helmut, mein Bekannter hier aus der Nähe, hatte extra eine Delphin- Verkleidung nachgebaut, mit der seine Maschine früher gefahren ist.


    Die Abnahme war sehr genau, es wurde an jeder Speiche gerüttelt, jeder Sicherungsdraht geprüft, aber man war ja zum ersten Mal dort und wer weiß, was denen so alles schon vorgestellt wurde. Aber immer freundlich, Helmut sagte, hier werden keine Probleme gemacht sondern gelöst. Bei der Vorstellung von Helmuts verkleideter Maschine ließ sich der Chairman des Manx Motorcycle Club zu der bereits erwähnten Bemerkung hinreißen. Es war für alle ein "special day".


    Schließlich geriet der Tag noch zu einem Höhepunkt der Reise: Der Fernsehsender ITV4 mit Steve Parrisch als Reporter interviewte Keith und einen der Fahrer, die Maschinen wurden am Eingang des Fahrerlagers präsentiert, sofort mit einer Traube aus Fans darum. Das kannte man von hier nicht so.


    Am nächsten Tag ging es früh raus, es wurde mit 2 Kleinbussen die Strecke abgefahren. Allen Fahrern (unter ihnen 2 Ladys) fielen die enormen Anstiege und Gefälle der Strecke auf, die man von den Videos nicht kannte. Die 240 Kurven kann man sich dabei natürlich nicht merken. Ein Engländer, der 4mal dabei war, sagte, des er nun die ersten 20km genauer kennt und warnte: "Passt auf, das macht süchtig!"


    Stromhardts Motorradkarriere verlief von ca. 1960 bis zu dem bereits geschilderten Unfall. Sein Vater war im Krieg geblieben, seine Mutter hatte noch 3 Schwestern, die älteste davon, also seine Tante, hielt den Laden zusammen. Alle Entscheidungen wurden im Familienrat getroffen, wobei die Stimme der ältesten das meiste Gewicht gehabt haben soll. Als nun Stromhardt von seinem Plan erzählte, Rennen zu fahren, gab es erst mal das pure Entsetzen.


    Aber Stromhardt, der gut mit Frauen kann, überzeugte die Runde schließlich. Die alte Tante sagte zu, das fehlende Geld für eine MZ RE125 vorzustrecken, wenn er jeden Monat 50,- Mark zurückzahlt. Gesagt, getan; die Maschine wurde gekauft und mit dem Cousin als Helfer ging es zu den ersten Rennen. Als es anfing zu laufen, nahmen sie erstmals eine Begleiterin mit. Ab da wurde bei jedem Rennen eine andere Mieze mitgeschleppt. Das ging eine ganze Weile, bis die alte Tante Wind davon bekam. Sie machte dem Treiben ein Ende mit der Drohung, ihre Unterstützung sonst sofort einzustellen. Von da an gingen die beiden wider allein auf Rennen.

    So, los gehts, hab gerade kurz Zeit.


    AWO ist die Abkürzung von Avtowelo, das war eine sowjetische Firma, der die Fahrzeugbetriebe in Thüringen 1945 unterstellt wurden. Der Chef dieser Einrichtung erteilte 1948 den Befehl! jawoll, ein Einzylinder-4-Takt Motorrad in Suhl zu entwickeln. Da im BMW-Werk Eisenach, welches bis zum Krieg alle PKW der Marke und später die Wehrmachtsgespanne fertigte, konstruktive Unterlagen vorhanden waren, benutzte man die als Vorlage (BMW R24 und R25). Heraus kam die sog. Touren AWO ab 1950. Ab glaube 1955 hieß der Laden wieder Simson.


    Erste 2 Rennmaschinen 250ccm waren 1952 Einsatzbereit, dann folgte eine Serie von 15 Verkaufsmaschinen AWO RS250-1. Leistung ca. 24PS. Der Motor war stoßstangengetrieben, Kardanantrieb HR, RS250-2 Umbau Hinterradfederung von Parallelfederung auf Schwinge.
    Danach -4 (1955) mit kettengetriebenen Nockenwellen im Kopf (30PS), danach 1958 die -6 Zweizylinder zuletzt 33PS (Versuch mit Desmo- Ventilsteuerung) und 1959 dir 350-7 (40PS). Danach ordnete die DDR- Behörden schlichtweg an, weitere Arbeiten einzustellen, weil die Zschopauer MZ weit größere Aussichten auf Erfolg hatten.


    Die Leute hinter den Reisen der AWO- Truppe sind Stromhardt Kraft und Keith Philpot aus GB. Man lernte sich 2015 auf der IoM kennen, weil SK eine AWO Sport auf dem Parkplatz mit britischem Kennzeichen hat stehen sehen. Der Besitzer war Keith, ein Motorsportenthusiast und ehemals Präsident einer Fußball- Amateurliga. SK war Motorradrennfahrer i. d. 60er Jahren und durfte 3x beim Heim- GP starten sozusagen mit Wildcard. 1968 war er in der 250er der beste DDR- Clubfahrer im Training und wurde von MZ angesprochen, ob er in der Woche darauf beim Brünn- GP die Werks- MZ fahren würde. Das Sachsenring- Rennen endete fürchterlich: An 7. und 8. Stelle liegend ging seine luftgekühlte MZ an der schnellsten Stelle fest, er flog ab und kam erst ca. 80m mitten auf der Strecke zum liegen. Die Streckenposten zerrten ihn von der Strecke, weil die schnellen 4- Zyl. Yamaha (Read, Ivy) bald auftauches sollten. In dieser kurzen Zeil erlitt er 11 Knochenbrüche, verlor die unteren Backenzähne auf einer Seite, ein Glassplitter steckte in einem Auge, überall großflächige Hautabschürfungen. 9 Monate Krankenhaus folgten, danach war Schluss mit Motorradrennen.


    Keith und Stromhardt beschlossen 2015, einen Besuch der AWO- Truppe vorzubereiten, es gingen 70 mails hin und her, ein Start dort ist an viele Regeln gebunden (Lizenzen, Versicherungen, technische Details, ...) Ohne Keith wäre das nicht gegangen, er nahm Verbindung auf zu 5 Motorsportverbänden und -clubs, es wurde ein Campingplatz organisiert und Plätze im Fahrerlager. Unter anderem benötigt man eine Versicherung, das im Fall eines tödlichen Unfalls der Leichnam wieder zurück ins Heimatland gebracht wird. Schließlich rollten am 24.8.2016 7 Transporter und Wohnmobile in Rotterdam auf die Fähre nach England.

    Die größere Auswahl gibt es auf der Insel, weil die Leute dort im positiven Sinne verrückt sind. Der Stellenwert des Motorradsportes ist dort ein anderer als hier. Solches Material wird dort erhalten, zudem werden viele Teile, welche aus Japan nicht mehr zu bekommen sind, in GB nachgebaut. Habe von dort einen nagelneuen Kühler für die Honda bekommen, den es sonst nirgends gibt, musste eben leicht vierstellig in den Sparstrumpf greifen.


    Es gibt hier z.B. eine Truppe, welche sich "AWO Rennkollektiv" nennt, analog der ehemaligen Rennabteilung in Suhl. Die fahren und erhalten die alten Viertaktrenner aus Suhl, von denen es nur wenige gab, aus 1953 bis 1961. Es waren 250er Ein- und Zweizylinder und eine 350er. Die Truppe war 2016 und 2019 beim Manx- GP (Classic) mit 10 Maschinen. Ein Bekannter hier aus der Nähe war mit. Da keiner dort eine AWO kannte, erschien der Präsident des Manx Motorcycle Club persönlich bei der Maschinenabnahme und ließ sich zur Bemerkung hinreißen "Wow, this is a special day". Im Rennprogramm wurde 1 Seite über die Maschinen berichtet. Alle sind die "Lap of honouer" gefahren. Auch beim "VMCC Festival of Jurby" auf einem alten Flugplatz sind die mitgefahren, auch dort haben sich die Massen um die Maschinen gedrängt. Woanders interessiert sowas doch kaum jemand...


    Über diese Aktion gäbe es seitenweise zu berichten, mein Bekannter und ein weiterer alter Freund haben zahlreiche Storys erzählt, wenn gewünscht, mach ich unter "Stammtisch" einen Fred auf.

    Dann schaust noch mal zu dem Killschalter des Seitenständers. Der Stecker ist links unter dem Sitz neben dem Batteriekasten.


    Wäre schon interessant, ob das Ding mal zündet. Musst se ja nicht ne halbe Stunde laufen lassen. Aber das Gefühl, das die Neuerwerbung läuft, setzt einen Schub bei den Restaurierungs- Bemühungen frei!